Ich komme mal wieder aus dem Staunen nicht heraus, während wir in unserer kuscheligen Berliner Wohnung die letzten vier Wochen Revue passieren lassen und sich unsere Körper in Form von „Durchfall“ und „Erkältung“ gründlich entgiften. Ich bin wirklich kein pingeliger Mensch und war auch bei weitem nicht das erste Mal im zauberhaft authentisch ambivalenten Indien, doch das Thema Umweltverschmutzung ist mir, mit Verlaub, noch nie in der Art mit dem Arsch ins Gesicht gesprungen wie dieses Mal. Selbst Schuld könnte man meinen, die Energie folgt schließlich dem Focus, und den haben wir selbst gesetzt – oder das Schicksal? Es begann bei den Reisevorbereitungen mit einer Doku über den Smog in Delhi, er sei dort schlimmer als in jeder anderen Stadt der Welt, hieß es, schlimmer als Tokyo, Mexico City, Kairo oder Singapur.
„Echt?“ fragte ich mich, und begann tiefer in das Thema einzutauchen. Was ist ein AQI? Woher bekommt man zuverlässige Messwerte? Nach einiger Recherche und einigem Herumgeteste entschied ich mich für die Air-Report-App von Plume Labs, die uns gut lesbare Auskünfte über aktuelle Werte, Vorhersagen und auch Jahreskurven für fast jede Stadt der Welt bot.
Das ist die Berliner Luft Luft Luft!
Es gibt zahlreiche AQI (Air Quality Index) Skalen, jedes Land hat eine eigene, jedes Umweltinstitut auch, alles noch etwas unübersichtlich. Mit einem Jahres-Durchschnitt von nur 33 auf dem Plume AQI ist die Berliner Luft sogar sauberer als die der autofreien Nordseeinsel Spiekeroog (P.AQI 35), außer zu Silvester natürlich, da stieg der Wert um Mitternacht auf ca. 250, was aber nach 24 Stunden schon wieder vollständig verdaut war.
In Delhi schwankte der Wert täglich zwischen 280 und 420, aber in Agra, wo wir im grauen, nach Chemie und faulen Eiern stinkenden Dunst versuchten, das Taj Mahal zu sehen, war es noch viel krasser: 350 – 500 war dort normal und wir gingen nicht ohne Atemmaske vor die Tür. Wir waren nicht die Einzigen, aber fast. Wir trugen die Masken nicht wegen der Werte auf dem Display, sondern weil der Gestank auf den Straßen wirklich brechreizerregend ekelhaft war. Wir husteten, unsere Augen brannten und nach wenigen Minuten war die Zunge mit einem leckeren Bleipelz überzogen. Durchaus eine sehr sinnliche Herausforderung in Sachen Hingabe.
Das wirft bei einem Tantriker viele Fragen auf.
Vermutlich hätte ich mental viel weniger unter der Situation gelitten, wenn ich mich nicht mit diesen Zahlen beschäftigt hätten und Indien einfach so umarmt hätte, wie es mir hier und heute begegnet. Oder habe ich genau das getan? Früher pflegte ich zu sagen „Indien ist das Land der tausend intensiven Gerüche – anfangs ist das krass, aber man kann es lieben lernen“ – und ehe hier miese Stimmung aufkommt, in gewisser Weise habe ich es auch geliebt und liebe es immer noch, schließlich ist es das Land der Gegenwärtigkeit, der Improvisation, der großen Widersprüche und noch immer die Heimat des Tantra.
Aber ich darf mir auch die Frage stellen, wie erleuchtet kann eine Kultur sein, die so ahnungslos und unbedarft unseren Planeten zerstört? Wo bleibt da die Gegenwärtigkeit, das Improvisationstalent? Den meisten Menschen, die dort leben, ist es wahrscheinlich nicht bewusst und für die meisten Inder ist es kulturell so verankert, dass der Platz nebenan oder die Luft dort drüben, die ich verpeste, mit mir und meinem Leben nichts zu tun hat, mich nichts angeht und mir vollkommen gleichgültig ist – nicht aus Dummheit oder böser Absicht, sondern weil es immer schon so war und schließlich alle so denken. Auch hier verbirgt sich für uns, liebe „Spiri-Touristen“, ein wertvoller Spiegel, der uns sagt, Du hast keine Ahnung, was Du alles nicht siehst. Vielen Dank dafür, aber ist dieser Spiegel so wichtig, dass er den Preis rechtfertigt, liebes Universum?
Schaut man sich Weltkarten mit aktuellen AQI-Werten an, und denkt einen Moment darüber nach, dann fällt auf, dass vor allem Indien und China derartig unglaubliche Mengen an Dreck in die Welt pusten, dann muten all unsere großen Bemühungen in unserem kleinen Europa, die Welt sauber zu halten dagegen an wie ein schlechter Witz. Uns ist natürlich aber auch klar, dass die Ursachen für dieses Ungleichgewicht viel damit zu tun haben, dass unser Reichtum auf „deren“ Armut basiert, und dass es auch an den reichen Ländern wäre, diesen Reichtum einzusetzen um den ganzen Planeten sauber zu halten, und nicht nur den eigenen Vorgarten.Gräbt man noch ein Stück tiefer, erfährt man, dass der Müll, der dort des Nachts auf den Straßen brennt, zu einem nicht unwesentlichen Teil eines „unserer“ Exportgüter ist, wenn auch Indien davon anscheinend weniger betroffen ist, als China und Afrika. – Da gibt’s noch viel zu tun.
Aber gut, wir möchten hier nicht tiefer in die politische Debatte eintauchen – Es soll mehr veranschaulichen, was mir beim Reisen begegnet ist, was mich berührt und bewegt hat. Für mich war es die Frage, wie kann ich hierzu ein „Ja“ finden? Ich meine im Sinne von Tolle, der sagt, erst wenn du wirklich annimmst, dass es eben so ist, wie es ist, kannst du wirklich intelligent reagieren, denn nur dann hat deine Reaktion einen Bezug zur Realität. Leicht gesagt, wenn ich nachts wach liege und am liebsten aufhören würde zu Atmen, weil ich das Gefühl habe, dass mich jede Lunge voll Luft scheibchenweise tötet.
Auf nach Goa
Wir wollten vor allem Urlaub machen und Freunde in Delhi besuchen, wir hatten beide wirklich dringend Erholung nötig. Indien sollte also eigentlich keine spirituelle Pilgerfahrt werden, keine Gurus, keine Aschrams, keine Tantra- oder Meditationsworkshops. Doch wie es so ist, ist es wieder das alltägliche Leben, welches uns die besten Lern-Aufgaben stellt, wo das Sein stattfindet und uns Fragen stellt. Nachdem wir also Silvester in Agra verbracht hatten, beschlossen wir über Nacht,unsere geplante Nord-Indien-Rundreise zu verwerfen und nach Goa an die Küste zu hopsen, wo uns Plume deutlich bessere Werte versprach.
Im Hier und Jetzt zu sein heißt auch, bestimmte Angebote des Universums mit dem Herzen zu prüfen, um sie dankend abzulehnen. Für uns ist das Atmen, vor allem das tiefe Atmen, das wichtigste Verbindungs-Tool mit der gesunden Lebendigkeit, und wir waren in einer Umgebung gelandet, wo uns jeder Atemzug krank macht, wo unsere Körper es nicht mehr wagten, überhaupt Luft zu holen. Die Haut ständig mit einer grauen, giftigen Staubschicht bedeckt, fühlte ich mich wie lebendig begraben – Agra war wirklich die Hölle, das atemberaubend (LOL) schöne Taj Mahal an seinem Stadtrand wirkte wie eine Farce.
Es war für uns ganz klar die richtige Entscheidung. In Goa erwarteten uns Palmen, paradiesische Temperaturen und ein doch spürbar saubereres, wenn auch sehr touristisch geprägtes Indien. Wenigstens mochten wir hier wieder tief durchatmen, obwohl auch hier die Luftverschmutzung allgegenwärtig ihren Zeigefinger oberhalb europäischer Grenzwerte hielt.
Wir sitzen nun auf der Veranda unseres Hostel-Zimmers, direkt vor der ungestümen Brandung des indischen Ozeans, die mir Nachts nicht selten den Schlaf raubt. Zwischen uns und dem Meer ist nichts außer ein paar Felsen und einer niedrigen Mauer, der Blick geht genau nach Westen, der Himmel ist wolkenlos. Die Sonne steht noch recht hoch über dem Horizont, noch weit über eine Stunde vor Sonnenuntergang, aber man kann sie bereits jetzt entspannt betrachten, denn sie trägt ein ungesundes Gelb und schafft es nicht, einen wirklich zu blenden. Im Meer versinken sahen wir sie kein einziges Mal, denn sie versinkt immer gut zwei Sonnendurchmesser weiter oben im Dreck, ein Nebel aus Feinstaub und Abgasen, der Hunderte von Kilometern über die Küsten des Subkontinents auf das offene, tosende Meer hinaus dünstet. Eine wirklich frische Brise gibt es hier so gut wie nie.
Zauberhaftes Indien
Aber jetzt mal Schluss mit dem Gemecker, denn unter dem Strich habe ich unseren Urlaub sehr genossen – viel zu erzählen gibt es nicht, denn wir sind vor allem nach innen gereist, in die Stille. Ich habe viel auf meiner Ukulele gespielt, die ich mir am ersten Tag in Old Delhi für die Reise gekauft habe. Es war wunderbar, mal wieder Zeit zu haben, in ein neues Instrument einzutauchen, zu verschmelzen und die Schwingungen der Seele hörbar zu machen und alte Lieder neu zu entdecken. In mir ist innerhalb weniger Tage eine tiefe Liebe zu der Kleinen entfacht, und es wird sicherlich noch einiges von ihr in der Zukunft zu hören geben, wenn sie für mich singt.
Tandana hat jeden Tag viel genussvolles „Hedonistinnen-Yoga“ gemacht, während sie „meiner Neuen“ und den Wellen andächtig lauschte und sich von den Klängen fort tragen ließ.
Wir genossen die vielfältige indische Küche mit ihrer intensiven Würzung, das Tikka Masala und die Lassis, Palak Panier und Pancake, homemade Limonade und Kingfisher, Local King Prawns und natürlich Masala Chai. Ab und zu sind wir in den Ozean gehopst.
Zwei mal waren wir tanzen, was man in Goa sehr gut kann, und zwei Mal haben wir den ganzen 100km Landstrich mit abenteuerlichen Bussen durchquert, was ein echt ganzheitliches Kultur-Erlebnis ist. Scheinbar chaotisch und ohne irgendwelche Fahrpläne ist das Goa’sche Bussnetz wie ein rauschendes Fluss-System, wo man doch mit erstaunlicher Leichtigkeit und kaum Unwegsamkeiten an sein Ziel gespült wird, umgeben von lustigen und nervigen Hupen, Kühen, Fahrrädern, Mopets, Ziegen, Trägern, Händlern, Taxis und Lastern und noch viel mehr reichlich quirliger Lebendigkeit.
Nach ein paar Tagen Arambol trieben wir in dieser Weise nach Palolem. Dort wohnten wir in einem kleinen Hill-Top-Bungalow auf einer schnukeligen Halbinsel, mit einem traumhaften Blick über die Bucht. Die Gegend hat mir so gut gefallen, dass ich ernsthaft darüber nachgedacht habe, mit Tandana samt dem Tantrainstitut dorthin auszuwandern. Ich finde, das umreißt dann auch die ganze Bandbreite meiner Eindrücke und die Tiefe der Prozesse, die dieses zauberhafte Land und seine BewohnerInnen ganz von Selbst in mir auslösten.
Wieder in Berlin, sind wir immer noch mitten drin. Was will uns diese Begegnung sagen? Wer sind wir jetzt? Wir spüren nach und staunen. Ich jedenfalls freue mich hier über jeden sauberen Atemzug, und am 4.2. geht es endlich wieder los mit Wild Life Breath!
Namasté
Chono
Wild Life Breath
Der Atem des Wilden Lebens – Tantrischer Trainingsabend
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Wild Life Breath (im Wamos)
4. Februar, 19:30 - 22:00|Serientermin für Veranstaltung (Alle anzeigen)Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 4. März 2019
Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 18. März 2019
Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 1. April 2019
Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 13. Mai 2019
Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 27. Mai 2019
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Wild Life Breath (im L.A.C.H.)
18. Februar, 19:30 - 22:00|Serientermin für Veranstaltung (Alle anzeigen)Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 15. April 2019
Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 29. April 2019
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Wild Life Breath (im Wamos)
4. März, 19:30 - 22:00|Serientermin für Veranstaltung (Alle anzeigen)Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 4. März 2019
Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 18. März 2019
Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 1. April 2019
Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 13. Mai 2019
Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 27. Mai 2019
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Wild Life Breath (im Wamos)
18. März, 19:30 - 22:00|Serientermin für Veranstaltung (Alle anzeigen)Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 4. März 2019
Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 18. März 2019
Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 1. April 2019
Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 13. Mai 2019
Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 27. Mai 2019
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Wild Life Breath (im Wamos)
1. April, 19:30 - 22:00|Serientermin für Veranstaltung (Alle anzeigen)Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 4. März 2019
Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 18. März 2019
Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 1. April 2019
Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 13. Mai 2019
Eine Veranstaltung um 7:30pm Uhr am 27. Mai 2019
Der Beitrag Der AQI, die Ukulele und das Meer – Indien 2019 – Reisebericht von Chono erschien zuerst auf Wild Life Tantra Institut Berlin.
Der AQI, die Ukulele und das Meer – Indien 2019 – Reisebericht von Chono
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